Warum meine Fotos manchmal „unscharf“ wirken – ein technischer Blick hinter die Kulissen
Diese Frage bekomme ich regelmäßig gestellt – in den Kommentaren, per Nachricht und im direkten Gespräch.
Auf dieser Seite zeige ich ohne etwas wegzulassen Schritt für Schritt, warum Bilder auf große Distanz scheinbar „unscharf“ wirken,
wie ich arbeite und was ihr in meiner Vergleichs-Galerie seht.
Ausgangssituation & Praxisbeispiel
- Standort: Aussichtsturm in Dießen am Ammersee
- Motiv: Fischadlerhorst
- Distanz: ca. 470 m über/entlang von Wasser & Schilf
- Kameras: Samsung Galaxy S24 (Haupt- & Telekamera) & Canon EOS R5 (Vollformat, 45 MP)
- Objektive R5: EF 50 mm f/1.8 & RF 200–800 mm, meist bei 800 mm und f/9
- Aufnahmeart: Dokumentation (häufige Serien, einzelne „beste“ Frames)
- Fokus: Punkt-AF oder manuelle Feinfokussierung mit Lupe
- Workflow: Lightroom ohne KI-Schärfer (kein Luminar Neo, kein DxO PureRAW). Gelegentlich nutze ich Dunst entfernen, damit die Farben etwas kräftiger wirken.
Die Galerie auf dieser Seite (leicht nachvollziehbar)
- 1️⃣ Galaxy S24 – Hauptkamera (1×)
50 MP → Export 1848 × 2772 px
5.4 mm (≈ 23 mm KB), f/1.8 · 1/640 s · ISO 25 - 2️⃣ Galaxy S24 – Telekamera (3×)
10 MP → Export 1837 × 2756 px
67 mm KB-äquiv., f/2.4 · 1/500 s · ISO 25 - 3️⃣ Canon EOS R5 + EF 50 mm f/1.8 (≈ 1× „menschliches Auge“)
45 MP → Export 3644 × 5464 px
f/1.8 · 1/1600 s · ISO 100 - 4️⃣ Canon EOS R5 + RF 200–800 mm @ 200 mm (≈ 4×)
Export 3613 × 5417 px
f/6.3 · 1/1600 s · ISO 1250 - 5️⃣ Canon EOS R5 + RF 200–800 mm @ 400 mm (≈ 8×)
Export 3644 × 5464 px
f/7.1 · 1/1600 s · ISO 1600 - 6️⃣ Canon EOS R5 + RF 200–800 mm @ 800 mm (≈ 16×)
Export 3644 × 5464 px
f/9 · 1/1600 s · ISO 2500 - 7️⃣ 102× – Mein Instagram-Crop (aus 800 mm)
Export 858 × 1286 px (Hochformat)
entspricht rechnerisch ~102× bzw. ~5100 mm effektiver Brennweite (ohne zusätzliches Glas; reiner Crop/Skalierung).
Hinweis zur Rechenbasis:
- Flächenverhältnis: (8192 × 5464) / (858 × 1286) ≈ 40,57
- Linearfaktor: √40,57 ≈ 6,37
- Effektiv: 16× (800 mm) × 6,37 ≈ 101,9× → ~102×
- Äquivalente Brennweite: 50 mm × 102 ≈ 5100 mm
Warum „unscharf“? – Die Physik zwischen Motiv und Sensor
Auf 470 m wirkt Atmosphäre stärker als jedes Datenblatt:
🌡️ Hitzeflimmern (Luftspiegelung)
Über Wasser und Schilf entstehen durch Temperaturunterschiede ständig wechselnde Luftschichten.
Das Bild verzerrt und „tanzt“ – besonders bei Sonne und mittags.
🌫️ Schwebstoffe & Feuchtigkeit
Staub, Pollen, Aerosole, Wasserdampf streuen Licht.
Auf 470 m summiert sich das zu Kontrastverlust und einem feinen „Schleier“.
💨 Bewegte Luftschichten (Turbulenz / „Seeing“)
Wind, Thermik, Böigkeit machen die Luft zu einem fließenden Medium.
Das erzeugt mikroskopische Verzerrungen, die auch bei kurzen Belichtungen bleiben:
keine Bewegungsunschärfe, sondern optische Störung.
Warum Licht so viel ausmacht
Gutes Licht erhöht den Motivkontrast und verbessert das Signal-Rausch-Verhältnis.
Dadurch erkennst du mehr Details – selbst wenn die Luft nicht perfekt ist.
Günstig: Morgen/Abend, kühle Luft.
Ungünstig: Mittagssonne, Hitze, starke Temperaturunterschiede.
Zahlen, die einordnen
Sensor & Auflösung (R5)
- R5: 8192 × 5464 px (3:2), ~45 MP
- Pixelpitch: 36 mm / 8192 ≈ 4,39 µm
- Lineare Pixeldichte: ≈ 5780 ppi (nur Sensor-Skala)
Bildwinkel & abgedeckte Breite
- Horizontaler Bildwinkel bei 800 mm: ~2,58°
- Abgedeckte Breite in 470 m: ~21,1 m (horizontal), ~14,1 m (vertikal)
- Effektiv ~5100 mm (102×): ~3,3 m (horizontal), ~2,2 m (vertikal)
Warum ich nicht „näher dran“ fotografiere
Wildtiere haben eine hohe Fluchtdistanz.
Ich fotografiere vom Turm, ohne Tarnung, ohne Störung.
Mein Bearbeitungs-Ansatz
- Kein KI-Schärfer (kein Luminar Neo, kein DxO PureRAW).
- Lightroom-Handarbeit: Belichtung/Farbe, gelegentlich „Dunst entfernen“ (Dehaze).
Wichtig: Dehaze erhöht Kontrast, aber schafft keine neue Auflösung.